Geschichte

Geschichte

Kosów Lacki liegt im historischen Grenzgebiet Masowiens und Podlachiens, das seit jeher durch ein vielfältiges Gemisch der Kulturen und sozialen Strukturen gekennzeichnet war.

Es wohnten dort masowische Mundarten sprechende Polen, Nachkommen der Jatwinger, Litauer sowie Ruthenen, die sich Mundarten mit weißrussischen, ukrainischen und polessischen Merkmalen bedienten, aber auch Juden, Deutsche, Tataren, Schotten, Holländer und großrussische Altgläubige – um nur die wichtigsten zu nennen. Ihre Erfahrungen, Religionen, Bräuche und Sprachen verschmolzen zum vielfarbigen Mosaik der Kultur Podlachiens.

Auf den Blättern der Geschichte erschien Kosów dauerhafter erst 200 Jahre später, als 1417, am ersten Sonntag nach Fronleichnam, der litauische Großfürst Vytautas der Große dem Starosten von Pułtusk Marcin von Ciółkowo mehrere Güter in Podlachien verlieh, u. a. Grądy, Nowa Wieś, Łomna, Olszew, Lubiesza, Dębe, Guty, Golanki und das Dorf Kosów. Dort errichtete Marcin 1425 das erste Gotteshaus und gründete die Pfarrei der Hl. Jungfrau Maria und des Hl. Joseph. Zu Beginn des 16. Jh. stiftete die Familie Kossowski auf der sog. „ruthenischen“ Seite ein zweites Gotteshaus – die orthodoxe Muttergottes- Kirche. Infolge der Union von Brest (1596) wurde sie zur unierten Kirche des Dekanats Drohiczyn der Diözese Brest.

Dem Gotteshaus war, wie üblich, ein Zufluchtsort für Arme und Bedürftige angegliedert. Um die nach der schwedischen Sintflut und den Kriegswirren im 17. Jh. entvölkerten und zerstörten Landgüter zu retten, holte die Familie Kossowski Juden herbei, die den Handel und die lokale Industrie initiierten. 1723 fungierte Kosów in kirchlichen Dokumenten als „Stadt“ (lat. oppidum).

Nach der dritten Teilung Polens geriet Kosów unter österreichische Herrschaft, was für seine Bewohner nicht viel änderte. Mit der Entstehung des Herzogtums Warschau (1807) sowie dem Inkrafttreten des Code civil und der neuen Verwaltungsgliederung wurde im 19. Jh. in dem Städtchen lokale Selbstverwaltung konstituiert. Der Besitzer der Ortschaft, Jacek Paderewski, wurde nach dem Brauch der erste Bürgermeister.

Im Jahre 1820 existierten in Kosów eine Kirche, eine Synagoge und 26 Holzhäuser, die um einen rechteckigen, ungepflasterten Platz herum angeordnet waren. Dort befanden sich auch Ausschänke, Fleischbänke, zwei Wirtshäuser, eine Brennerei und eine Gerberei. Die Stadtsiedlung Kossów (heute die Straße ul. Wolności und die angrenzenden Straßen) wurde hauptsächlich von der jüdischen Bevölkerung bewohnt, die restlichen Stadtteile dagegen von der christlichen Bevölkerung. Das Zahlenverhältnis variierte. Im 19. Jh. gab es im Städtchen zwei beeindruckende Gotteshäuser aus Holz: eine Kirche und eine Synagoge.

Im Juli 1870 entschied der Errichtungsausschuss im Königreich Polen (poln. Komitet Urządzający w Królestwie Polskim), Kosów (und Sterdyń) sein Stadtrecht zu entziehen. Dies änderte kaum das Leben der Ortschaft und ihrer Einwohner. Nach den Wirren des Januaraufstandes im Jahre 1863 wurde sie von keinen größeren Tragödien heimgesucht; erst im August 1915, als der Große Krieg diesen Frieden störte. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit sowie den Kämpfen in Kosów und seiner Umgebung im August 1920 begann sich die Region zu erholen. Es entstanden Bibliotheken, Laientheater, paramilitärische Vereinigungen sowie eine Reihe von – sowohl polnischen als auch jüdischen – Parteivertretungen, aber auch gemeinnützige Organisationen zur Bekämpfung der Armut. Das Leben blühte und die Stadt erhielt einen neuen Glanz – es wurden artesische Brunnen, sanitäre Einrichtungen und ein neues Schulgebäude errichtet, Straßen gepflastert, ein Denkmal für Marschall Józef Piłsudski enthüllt und jährlich das Jubiläum der Verfassung vom 3. Mai und der Wiedererlangung der Unabhängigkeit gefeiert.

Der Zweite Weltkrieg begann in Kosów Lacki in der zweiten Septemberdekade mit einem demonstrativen Durchmarsch der deutschen Truppen über die Hauptstraße. Die Besatzer übernahmen das Schulgebäude, die Villa der Familie Brodzikowski und andere attraktivere Gebäude. Auch ein Getto wurde gegründet, um Juden aus verschiedenen Teilen Polens dorthin umzusiedeln. Als 1942 das Vernichtungslager Treblinka entstand, wurden das Getto aufgelöst und alle seine Bewohner zu Fuß in den Tod in den Gaskammern getrieben.

Während des Zweiten Weltkriegs entstand in den Wäldern in der Nähe von Wólka Okrąglik (Gemeinde Kosów Lacki) ein Arbeitslager, umgangssprachlich Treblinka I genannt. Der Name bezog sich auf die am nächsten gelegene Bahnstation, die sich im Ort Treblinka befand. Das Arbeitslager, dessen Ideengeber Ernst Gramß, der Kreishauptmann in Sokołów Podlaski, war, wurde beim bereits früher existierenden Kieswerk gegründet. Es wurde vom Sommer 1941 bis Ende Juli 1944 betrieben. Die Häftlinge, verurteilt wegen verschiedener Vergehen gegenüber dem Besatzer, stammten ursprünglich nur aus dem Kreis Sokołów Podlaski. Insgesamt wurden rund 20.000 Personen inhaftiert; etwa 10.000 davon starben oder wurden erschossen.

Das Vernichtungslager Treblinka II wurde Mitte 1942 von den Deutschen im Rahmen der "Aktion Reinhard" zur Vernichtung der jüdischen Bevölkerung errichtet. Von einem hohen Stacheldrahtzaun umgeben, nahm es eine Fläche von 17 ha in Anspruch. Die längste Zeit seines Bestehens über war Franz Stangl Kommandant des Lagers und Kurt Franz sein Stellvertreter. Der Letztere dokumentierte den Lagerbetrieb in einem Fotoalbum, das er mit „Schöne Zeiten“ betitelte.

Der erste Personentransport kam am 23. Juli 1942 an und brachte Juden aus dem Warschauer Getto. Von da an wurden hauptsächlich Juden aus dem besetzten Polen, aber auch aus der Tschechoslowakei, Frankreich, Griechenland, Jugoslawien, der UdSSR sowie Deutschland und Österreich herbeitransportiert. Auch Sinti und Roma aus Polen und Deutschland kamen nach Treblinka II. Die Opfer wurden in Gaskammern getötet und ihre Leichen auf speziell konstruierten Rosten verbrannt.

Am 2. August 1943 fand im Vernichtungslager ein Aufstand der Häftlinge statt. Von den 840 sich dort befindenden Personen konnten nur etwa 200 fliehen, von denen etwa 100 überlebten. Nach dem Aufstand wurde das Lager allmählich aufgelöst. Im Jahre 1943 wurden alle Lagergebäude abgerissen und an ihrer Stelle ein Haus für eine ukrainische Familie errichtet. Das Gebiet des Lagers wurde umgepflügt und mit Lupinen besät. Bevor die Ostfront das Lagergelände erreichte, wurde die ganze Bebauung niedergebrannt.

Es wurde berechnet, dass dort über 800.000 Menschen ermordet wurden.

Nach der sog. „Befreiung“ blieb die Rote Armee noch lange im Ort und der Umgebung. Noch bis in die 1950er Jahre kämpften Unabhängigkeitspartisanen gegen den neuen Besatzer.

Im Pfarrhaus in Kosów Lacki entdeckten Izabella Galicka und Hanna Sygietyńska 1964 zufällig das einzige in Polen vorhandene Gemälde „Die Ekstase des Hl. Franz von Assisi“, dessen Urheberschaft dem spanischen Maler griechischer Abstammung Domínikos Theotokópoulos, bekannt als El Greco, zugeschrieben wird.

Im Jahre 2000 erhielt Kosów (schon als ein in der neuen Woiwodschaft Masowien liegender Ort) das Stadtrecht und ist somit eine von zwei Städten im Kreis Sokołów Podlaski.


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